Instagram

Kürzlich hatten wir am Mittagstisch eine interessante Diskussion. Über Instagram. Ich bin (oder sollte ich mittlerweile sagen, war?) ein großer Fan und Freund von Instagram. Der jüngste Bruder ist dort auch vertreten, hat aber eine völlig andere Nutzungs- und Herangehensweise als ich. Dritte in unserer Diskussionsrunde war unsere Mutter. „Du stellst da ja wirklich alles rein. Und guck mal, dein Foto von vor zwei Tagen hat immer noch keiner geliket. Niemanden interessieren deine Bilder“, war der Ausspruch von Bruder 3. Mit dem zweiten Teil seiner Aussage hat er definitiv recht – ich habe viele Bilder in meinem Profil, die keine Likes bekommen haben. Alles stelle ich natürlich nicht rein, poste aber deutlich mehr als mein Bruder und entschieden andere Dinge.

 
Bei ihm und gleichaltrigen Kumpels sind es entweder Snapchat-Bilder mit Hundeohren oder anderweitig stark bearbeitete Bilder, mit Text und Smileys und wer-weiß was allem. Alternativ die adidas/nike-Schuhe/Fußballschuhe/Kappen, die gerade total stylisch und trendig und in sind. Dann am besten noch die halbe Klasse darauf markiert, fünf Zeilen voll passender (und unpassender) Hashtags hinzugefügt und ab geht die Post. Die „passive“ Nutzung sieht bei ihm so aus, dass er durch seinen Feed scrollt und – mit wenigen Ausnahmen – jedes Bild „herzt“. Und kriegt dafür natürlich, zumindest von Bekannten und Freunden, auch jede Menge Likes „zurück“.

Kein Wunder also, dass er es merkwürdig findet, wenn es mich nicht stört, dass meine Bilder häufig wenig bis keine Likes haben. Denn für mich geht es bei Instagram weniger um Interaktion, es ist für mich weniger ein soziales Netzwerk, als schlicht eine Art digitales Fotoalbum. Ich stelle Fotos ein, die ich schön finde, ästhetisch, oder die mich an schöne Momente, Erfahrungen, Urlaube u.ä. erinnern. Es geht in erster Linie darum, dass ich die Bilder schön finde und nicht andere Instagram-Nutzer, und dass ich sie so alle an einem Ort zusammen festhalten kann. Im Gegenzug schaue ich auch gerne meinen Feed durch, freue mich dort ebenfalls schöne, ansprechende Fotos zu sehen und/oder Einblicke in das Leben und die Welt der Leute zu bekommen, die ich abonniert habe. Dabei bleibe ich aber weitaus „passiver“ als mein Bruder, like nämlich nur Bilder, die mich wirklich besonders ansprechen und nicht mehr oder weniger blind jedes, das mir vor die Nase kommt.

Und die Ansicht meiner Mutter? Kurz zusammengefasst, könnte man sagen: Alles Zeitverschwendung. Wahrscheinlich stehen wir damit ziemlich genau für die typischen Verhaltens- und Nutzungsweisen unserer verschiedenen Generationen. Denn auch, wenn zwischen mir und meinem Bruder „nur“ 10 Jahre liegen, so hat sich das Mediennutzungsverhalten in diesen Jahren doch mehr als deutlich gewandelt.

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Morgenspaziergang. #summer #sun

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Gewandelt hat sich jetzt aber auch Instagram und sich mittlerweile relativ weit entfernt von dem, wie ich es kennen gelernt habe. Was ich seit Jahren inzwischen an Facebook bemängele, nämlich die bunt durcheinandergewürfelten Beiträge, die ich auf meiner Startseite erhalte und die nicht mehr, wie früher, fein säuberlich chronologisch geordnet hintereinander erscheinen, hat nun auch Instagram übernommen und zeigt mir Posts von vor fünf Stunden ganz oben und 6 Beiträge weiter unten einen, der erst wenige Minuten alt ist. Ob überhaupt noch alle Posts im Feed erscheinen, lässt sich nur schwerlich überprüfen und bezweifle ich ab und an. Außerdem scheint Instagram dem Erfolg von Snapchat nachzueifern, indem es jetzt auch „Stories“ anbietet – die Möglichkeit, Bilder und Videos ohne Beschreibung und Hashtags hintereinander zu hängen, die nach 24 Stunden wieder verschwinden. Versehen werden können diese ebenfalls mit Smileys, Filtern und Text auf dem Bild.

Ich selbst kann den Reiz von Snapchat überhaupt nicht nachvollziehen, weil Ästhetik für mich eine wichtige Rolle spielt. Hundeohren oder merkwürdig verzogene Gesichter, um nur einige der Filter von Snapchat zu nennen, finde ich nicht schön und will ich nicht sehen. Und auch die Kurzlebigkeit von Snaps und eben Instagram-Stories verstehe ich nicht: Wenn ich ein Bild nicht schön oder interessant genug finde, um es dauerhaft der Öffentlichkeit zeigen zu wollen, dann poste ich es halt gar nicht. Wenn alles nur immer kurzlebiger wird, schneller, jeder nur noch postet mit dem Hintergedanken, ‚ach, verschwindet ja nach einem Tag sowieso wieder‘, läuft das darauf hinaus, dass wir irgendwann wirklich alles zu sehen bekommen, jede noch so kleine Belanglosigkeit und auch Dinge, die wir vielleicht lieber gar nicht sehen wollen. Die Nutzer machen sich noch weniger Gedanken darüber, was sie eigentlich gerade posten oder mit ihrem Beitrag aussagen wollen, alle werden noch mehr überflutet von noch mehr Bildern und Videos, als sowieso schon, und jegliche Ästhetik geht futsch.

Ich kann daran absolut nichts erstrebenswertes erkennen und ich finde es wirklich schade, dass Instagram, das eigentlich gerade auf dem Weg war, Twitter (dank dessen zunehmender „gesponserter Beiträge“ und Einschübe à la „Während du weg warst“) zu überholen und mein liebstes Netzwerk zu werden, diesen Weg eingeschlagen hat. Offensichtlich scheint es allerdings den Nerv der meisten Nutzer zu treffen, denn die Nutzungszahlen steigen kontinuierlich weiter und erreichten im Juni die 500 Millionen-Marke.