Je länger ich nicht mehr zuhause wohne, desto mehr liebe ich unseren Garten. Das ist wohl so ein klassischer Fall von „man lernt erst zu schätzen, was man nicht mehr hat“. Der Garten war immer eine Selbstverständlichkeit: Im Sommer barfuß aus der Küchen- oder der Wohnzimmertür nach draußen, eine große Rasenfläche zum Spielen oder in-der-Sonne-liegen, Blumen, Pflanzen, Beete, die Kaninchen in ihren Ställen, früher noch Rutsche und Schaukel… Das war wie ein kleiner Spielplatz direkt vor der Haustür und im Sommer haben wir so viel Zeit dort draußen verbracht.
Den Sandkasten und die Rutsche vermisse ich tatsächlich eher weniger. Aber draußen zu essen, sich einfach mit einer Tasse Kaffee und einem Buch raus zu setzen, eine kurze Pause in der Sonne: In meinem ersten Sommer in Trier habe ich erst so wirklich gemerkt, wie schön es ist, wenn man einen Garten hat, in dem man das alles tun kann.
Natürlich kann man sich auch in einen Park setzen, zum nächsten Fluss oder See fahren und sich ein schönes Plätzchen im Grünen suchen. Aber es ist nicht dasselbe. Nennt mich faul, aber: Dazu muss man schon wieder zu viel einpacken, Schuhe anziehen, je nach Wetter noch eine Jacke mitnehmen, und so weiter… Natürlich habe ich das gemacht, mangels Alternativen. Aber es ist einfach etwas anderes. Und ich habe mich nicht zuletzt immer ganz besonders auf die Semesterferien im Sommer und zuhause gefreut, weil ich dann wieder Zeit im Garten verbringen konnte.
Das ist auch immer noch so, nur dass ich jetzt bei schönem Wetter auch einfach am Wochenende nach Hause fahren und Gartenzeit genießen kann. An den letzten Sonntagen habe ich einige Male zuhause auf der Terasse gesessen, wir haben Kuchen gegessen oder gegrillt, ich habe die wunderschönen Blumen bewundert und es einfach genossen, aus der Wohnzimmertür zu treten und draußen zu sein. Und dazu muss nicht einmal gutes Wetter sein: Letzten Sonntag gab es Frühstück auf der Terasse. Zwar mit Jacke, Decke um die Beine (ich hätte natürlich auch einfach eine lange Hose anziehen können…) und trocken nur dank des Sonnensegels. Aber es ist Sommer, es sind Sommerferien, es war Wochenende, und: „Wenn wir jetzt im Urlaub wären, würden wir auch draußen vor dem Zelt sitzen, egal wie das Wetter ist.“
Zuhause im Garten zu sitzen, was ich früher einfach so hingenommen habe, ist jetzt immer auch fast ein kleines bisschen wie Urlaub. Dabei hilft es natürlich, dass es nicht mein Garten ist, von dem ich hier spreche. Denn so ein Garten ist immer auch eines: Arbeit. Zur Gartenarbeit wurden wir Kinder früher genauso herangezogen wie im Haushalt: Mindestens kleinere „Hilfsarbeitertätigkeiten“ wie Dinge holen oder wegbringen oder fegen, auch mal Unkraut jäten, Rasen mähen oder Blumen gießen gehörten halt dazu. Irgendwann habe ich aber entdeckt, dass es eigentlich auch ziemlich Spaß macht, mit den Fingern in der Erde zu buddeln. Und wie befriedigend es ist, im Gegensatz zu der vielen Schreibtischarbeit, die im Studium nun einmal nicht ausbleibt, richtig mit den Händen zu arbeiten und sofort das Ergebnis der Arbeit zu sehen. Im Frühling die Blumenkästen neu zu bepflanzen, ist eine meiner Lieblingsaufgaben.
Am letzten Wochenende stand etwas andere Gartenarbeit auf dem Plan. Rutsche, Schaukel und Stelzenhaus sind schon länger aus unserem Garten verschwunden, der Sandkasten schon zu einem kleinen Teich umgewandelt worden. Die Eltern hatten beschlossen, dass es nun Zeit wäre für ein Gartenhaus und das wollte nun aufgebaut werden. Ein Großteil des Hauses selbst stand schon, als ich am Samstag nach Hause gekommen bin. Aber Fenster- und Türrahmen und verschiedene Leisten mussten noch gestrichen werden und vor allem fehlte noch das Dach. Ich hab zwar für einen Nagel immer in etwa so lange gebraucht wie mein Vater für zwei, aber nach 78 Dachlatten hatte ich auch irgendwann den Dreh raus. Den Preis für das schickste Gartenoutfit hätte ich in einem unserer alten „Malkittel“ wohl nicht gewonnen (ich hatte noch Top und Hose drunter, keine Sorge), aber dafür hatte ich Spaß. Dazu jede Menge Familienzeit, Mahlzeiten auf der Terasse, viel frische Luft, Sonne und (leider) auch ein bisschen Regen, Feriengefühl, obwohl das Semester noch eine Woche dauert. Viel mehr braucht ein Wochenende nicht, um mich zufriedenzustellen. Einfach ganz große Gartenliebe.
Das Haus ist übrigens natürlich noch nicht fertig geworden, es fehlt noch der Boden, die letzte „Schicht“ für das Dach und ein Anstrich. Mal schauen, ob es nächste Woche noch ein wenig mehr für mich zu helfen gibt.