Schon im Bachelor-Studium war es so, dass der Titel meines Studiengangs oft Fragen hervorrief. Generell können wohl die meisten Leute sich etwas darunter vorstellen, wenn man ihnen erklärt, man studiert „Medienwissenschaften“ – aber was macht man da dann eigentlich genau? Nun im Master-Studiengang ist das nicht einfacher geworden, eher im Gegenteil. Strategische Kommunikation – was soll das denn sein? Wieso studiert man das? Und wie sieht das in der Praxis aus?
Ich weiß nicht, wie oft ich in den vergangenen Monaten erklärt habe, was ich da eigentlich im Studium lerne und wofür das einmal gut sein soll. Die beste Erwiderung, die ich auf die Nennung meines Studiengangs bisher gehört habe, war: „Ich kommuniziere auch immer strategisch. Sonst kann man es ja auch gleich lassen.“ Nun gut… Jedenfalls will ich hier jetzt einmal versuchen aufzuschreiben, was das Studium umfasst und was es mir bringt (oder bringen soll). Dann verweise ich in Zukunft einfach alle, die wieder eine genaue Erklärung brauchen, auf meinen Blog (hehe, das gibt dann auch gleich mehr Traffic). Außerdem bin ich in der sehr glücklichen Lage, neben dem Studium einen Job sowie ein Ehrenamt auszuführen, die in genau dem Tätigkeitsbereich angesiedelt sind, zu dem mein Studium mich (hoffentlich) hinführt. Durch verschiedene Schwerpunkte ergänzen sich Studium, Job und Ehrenamt dadurch geradezu perfekt. Auch das möchte ich hier sehr gerne etwas näher ausführen.
Strategische Kommunikation: was ist das?
Klären wir erst einmal die Grundlagen. Das klingt einfacher, als es ist. Denn selbst innerhalb der Kommunikationswissenschaft, der die Strategische Kommunikation zuzuordnen ist, herrscht zum Teil ein ziemliches Begriffswirrwar, in dem verschiedene Begriffe synonym gebraucht werden oder auch ein und derselbe Ausdruck je nach Autor oder Forscher verschiedene Dinge bedeutet.
Wenn ich spontan und kurz erklären soll, was mit Strategischer Kommunikation gemeint ist, fallen in meiner Erklärung meistens auch die Begriffe Unternehmenskommunikation oder Public Relations. Für ein grobes Verständnis ist das meistens schon ausreichend. Strategische Kommunikation wird in der Kommunikationswissenschaft verstanden als (jetzt wird’s wissenschaftlich) „die Vertretung von Partikularinteressen mittels des intentionalen, geplanten und gesteuerten Einsatzes von Kommunikation“. Damit wird in der Regel die interne und externe Kommunikation von und in Organisationen gemeint.
Während Organisationskommunikation als Überbegriff jegliche Kommunikation von und in Organisationen meint (darunter fällt dann der Small Talk im Flur genauso wie die Pressemitteilung und die Besprechung der Abteilungsleiter), ist Strategische Kommunikation ebenso wie Unternehmenskommunikation immer eine strategisch geplante Kommunikation. Unternehmenskommunikation bezieht sich dann streng genommen aber eben nur auf die strategische Kommunikation von gewinnorientierten Unternehmen, während Strategische Kommunikation jegliche Form von Organisation miteinschließt.
Weiter kann Strategische Kommunikation dann beispielsweise in externe und interne Kommunikation, in Public Relations, oder auch Werbung oder Marketing differenziert werden. PR, ein Begriff, der häufig mit negativen Assoziationen (Manipulation) belegt ist, meint nach kommunikationswissenschaftlicher Definition gemanagte Kommunikation innerhalb der Organisation und nach außen mit dem Ziel, „organisationale Interessen zu vertreten und Organisationen gesellschaftlich zu legitimieren“. Interne Kommunikation ist entsprechend noch enger gefasst und bezeichnet die strategische Kommunikation mit beispielsweise Mitarbeitern. Die eher im Alltag als in der Kommunikationswissenschaft gebrauchten Begriffe Öffentlichkeitsarbeit oder Pressearbeit meinen ebenfalls nur einen Teil dessen, was die Strategische Kommunikation ausmacht, nämlich die Kommunikation nach außen, mit der Öffentlichkeit oder der Presse.
Nein, das alles muss man als neutraler Beobachter nicht durchblicken und schon gar nicht behalten. Möglichst kurz zusammengefasst, ist Strategische Kommunikation letztlich die Kommunikation von Organisationen intern und nach außen, mit dem Ziel, die Interessen der Organisation zu vertreten.
Was lernt man dann also in einem solchen Studium?
Inhalte des Studiums sind unter anderem die Bedingungen für und Wirkungen von strategischer Kommunikation. Wie kann Organisationskommunikation gelingen? Welche Ansprüche haben welche Gruppen an die Kommunikation einer Organisation und wie können diese erfüllt werden? Wie kann Kommunikation geplant und umgesetzt werden? Welche kommunikativen Maßnahmen und Instrumente gibt es und wie kann überprüft werden, ob diese die gewünschte und intendierte Wirkung haben?
Dabei ist ein Universitätsstudium natürlich vom Grundsatz her immer theoretisch aufgebaut und orientiert. Organisations- und Kommunikationstheorien gehören dazu. Aber im Vergleich zu meinem Bachelor-Studium ist der Master deutlich praktischer oder zumindest praxis-näher. Da wird viel mit Beispielen aus der Praxis gearbeitet, die Wirkung „echter“ Kommunikation analysiert oder werden theoretische Maßnahmen auf die Praxis angewendet. Rezeptionsforschung stand genauso schon auf meinem Stundenplan wie interne Kommunikation, Kampagnen- oder Hochschulkommunikation. Im kommenden Semester wird es unter anderem Wertkonflikte und ethische Fragen in der PR und Organisationskommunikation gehen.
Dabei – und das finde ich besonders schön und hilfreich – steht hier in Münster eben nicht immer die Unternehmenskommunikation im Vordergrund. Also nicht die Kommunikation von gewinnorientierten Unternehmen, sondern genauso werden auch andere Organisationsformen, von Wissenschaftsorganisationen bis zu NGOs betrachtet. Als jemand, der sich eher im nicht-ökonomisch orientierten Bereich der Gesellschaft wohlfühlt, kommt mir das natürlich sehr entgegen. Auch, wenn ich mich in meinem Job eben doch in genau dem Feld bewege.
Werkstudent in der Strategischen Kommunikation
Kurz nach Aufnahme meines Studiums habe ich mich auf einen Job als Werkstudent/studentische Hilfskraft im Bereich Kommunikation/Marketing beworben und Anfang des Jahres angefangen, bei der Münsteraner Niederlassung eines großen Unternehmens in der Energie-Branche in eben diesem Bereich zu arbeiten.
Als Werkstudent darf/kann ich in der Vorlesungszeit bis zu 20 Stunden pro Woche arbeiten, in den Semesterferien bis zur Vollzeit (38 Stunden/Woche). In der Abteilung sind eine Kollegin und ich, zusammen sind wir zuständig für eine recht große Region rund um Münster vom Kreis Borken bis nach Ostwestfalen.
Die Aufgaben sind vielfältig und sehr abwechslungsreich und langweilig ist uns wirklich nie. Von der „klassischen Pressearbeit“ mit dem Schreiben von Pressemitteilungen, dem Kontakt zur örtlichen Presse und der Vereinbarung, Koordination und Begleitung von Presseterminen bis hin zu Promotion- und Marketingmaßnahmen wie Sponsorings vereinbaren, fixieren und (kommunikativ) begleiten, Veranstaltungen und Messen organisieren, begleiten und ausstatten und und und… Ein großer Teil der Arbeit ist tatsächlich immer wieder Organisation und Koordination (teilweise auch zwischen verschiedenen Abteilungen des eigenen Hauses), der größte Teil ist Büroarbeit, aber durch Pressetermine kommt man auch immer mal wieder nach draußen. Kundenkontakt haben wir eher keinen, dafür viel Kontakt zur Presse, zu Kommunen und intern.
Es ist tatsächlich eine sehr spannende Tätigkeit und inhaltlich teilweise anspruchsvoll (Elektrotechnik), aber auch für jemanden, der nach einer Vier minus Physik schriftlich abgewählt hat, durchaus machbar. So „in der Praxis“ fällt das Verstehen von Vorgängen und Zusammenhängen übrigens auch viel leichter. Den Unterschied zwischen einem Erd- und einem Kurzschluss habe ich jetzt wohl für den Rest meines Lebens abgespeichert.
Strategische Kommunikation findet in diesem Rahmen überwiegend durch schriftliche Arbeit statt, durch Pressemitteilungen von uns und Berichten in der Presse über uns (die wir natürlich genau unter die Lupe nehmen), und durch die Repräsentation des Unternehmens bei Presse- und anderen Terminen. Weder mit Werbung noch mit digitalen Medien jeglicher Form haben wir direkten Kontakt, all das wird aus der Zentrale organisiert und wir haben die Möglichkeit, Themen in die entsprechenden Kanäle einzuspülen, bearbeiten diese aber nicht selbst.
Strategische Kommunikation ehrenamtlich
Aber dafür gibt es ja noch das Ehrenamt. Seit dem Frühjahr 2016 betreibe ich eine Facebook-Seite für unsere Kirchengemeinde zuhause, seit dem Herbst ist auch ein Instagram-Profil dazugekommen. Vielleicht denken viele, ’so ein bisschen Social Media kann ja jeder‘ und wahrscheinlich ist das auch so. Aber wenn ich so etwas aufziehe, dann „in großem Stil“ und von vorneherein vernünftig. Bei mir gibt es eine Art Redaktionsplan, Themenplanung und ich investiere zwar unterschiedlich viel, insgesamt aber doch eine nicht zu unterschätzende Menge Zeit in diese Arbeit. Social Media Management im Kleinen: Natürlich ist unsere Kirchengemeinde kein bundes- oder weltweit agierendes Unternehmen, dennoch will ich vernünftige Inhalte bieten, ansehnliche Fotos zeigen und dabei ein möglichst positives, einladendes und gleichzeitig realistisches Bild unserer Gemeinde im Internet abbilden.
Konkret mache ich mir im Vorhinein Gedanken zu möglichen Themen und Posts und dem besten Zeitpunkt, diese zu veröffentlichen. Wenn möglich, gehe ich gerne selbst zu Veranstaltungen und ähnlichem, um Fotos zu machen und einen Eindruck zu bekommen. Ich werde allerdings auch wunderbar von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt, wenn ich Fotos oder Informationen benötige. Und im Hinblick auf die Frage „braucht eine Kirchengemeinde einen Facebook-Auftritt“ bekomme ich bisher ausschließlich positives Feedback auf meine Arbeit. Zwingend notwendig ist es vermutlich nicht, als Gemeinde in den sozialen Medien aktiv zu werden. Aber ich finde auch, Kirche sollte dort sein, wo die Menschen sind, und das ist in der heutigen Zeit eben auch das Internet. Wir haben Abonnenten aus allen Altersklassen und wenn die Facebook-Seite einfach eine nette Ergänzung ist zum sonntäglichen Gottesdienstbesuch und der Lektüre des Gemeindebriefes, dann ist das in meinen Augen auf jeden Fall etwas wert.
Soziale Medien spielen ja auch für mich privat eine große Rolle, aber ich finde es schön, diese auch in einem ein wenig offizielleren Rahmen, in institutioneller Art und Weise zu nutzen und mich dabei auch ein wenig ausprobieren zu können: Was funktioniert gut, was eher nicht? Wie kriegt man Leute dazu, in einen Austausch zu treten? Was sind gute Themen, wann ist der richtige Zeitpunkt? Da, wie gesagt, Internet und soziale Medien im Job für mich keine Rolle spielen, freue ich mich umso mehr, im letzten Jahr nach Absprache und in Vorbereitung mit dem Pfarrer diese Seite aufgebaut zu haben.
Strategische Kommunikation – alles klar?
Das alles und noch viel mehr ist also strategische Kommunikation. Ich bin einfach ziemlich glücklich und zufrieden, wenn ich so darüber nachdenke, wie gut die verschiedenen Beschäftigungen (und Zeitfresser), wie gut Studium, Job und Ehrenamt zusammen passen und sich ergänzen. Ich sehe alle drei Sachen zusammen als Vorbereitung für das spätere Berufsleben an: Das Studium, in dem ich die (überwiegend theoretischen) Grundlagen und Feinheiten bekomme, und die praktische Umsetzung auf die verschiedenste Art und Weise, bezahlt und unbezahlt. Und dass mir alles drei auch noch Spaß macht, zeigt mir immer wieder, dass ich die richtige Studien- und damit in gewisser Weise ja auch Berufswahl getroffen habe.