Die Skulpturprojekte waren in diesem Jahr und Sommer ein beherrschendes Thema in Münster. Als jemand, der recht zentral in der Stadt wohnt, kam man im Laufe der Zeit immer wieder an Skulpturen vorbei – und auch an Gegenständen im Stadtbild, bei denen man kurz innehielt und sich fragte, ob die wohl auch dazu gehören. Bewusst besucht hatte ich die Skulpturprojekte nicht – bis meine Mutter vorschlug, am letzten Samstag im September doch ein wenig durch Münster zu radeln und das ein oder andere Kunstwerk zu beschauen.
Zu dritt – meine Mutter, Bruder 2 und ich – machten wir uns dann also, im zum Teil strömenden Regen, auf die Suche nach Skulpturen. Und das ist durchaus wörtlich aufzufassen. Denn während mir manche Skulpturen natürlich auf meinen alltäglichen Fahrten durch Münster schon längst aufgefallen waren, mussten wir andere wirklich suchen. Auf dem Faltplan, den ich noch besorgt hatte, waren zwar teilweise Adressen angegeben, aber die Karte war mit ihrem Maßstab nicht ideal geeignet, um wirklich alle Straßen genau zu erkennen und zu finden.
Feste Ziele hatten wir nicht und auch die Informationen zu den einzelnen Skulpturen waren auf dem Plan eher spärlich. Wir machten uns also vom geparkten Auto aus einfach mit den Rädern auf den Weg in die Stadt und wollten einfach die Kunstwerke „mitnehmen“, die uns begegneten oder auf dem Weg lagen.
Als erstes stellten wir die Räder vor der Stadtbücherei ab und suchten darin nach dem „Klavierraum“. In diesem Raum ist die Installation „In Our Time“ von Gerard Byrne zu finden, ein Video aus einem Radiostudio aus vermutlich den 70er- oder 80er-Jahren. Das fand ich ja wirklich ganz interessant – aber ist das oder besser gesagt, inwiefern ist das Kunst? Diese Frage stellten wir uns des öfteren, so zum Beispiel auch bei dem LKW vor und der Wasserwaage an der Wand hinter dem LWL-Museum. Die Poster (Laboratory Life, Andreas Buntes) im Innenhof des Rathauses suchten wir lange und stellten dann fest, dass sowieso niemand von uns die/eine App zum Scannen des QR-Codes auf dem Handy hatte. Das internationale Fest rund um das Rathaus mit vielen Ständen, von denen her es nach leckerem indischem, arabischem, orientalischem Essen roch, war dann letztlich interessanter, auch wenn es beim Anschauen blieb, weil es uns zum Essen noch zu früh war.
Gesucht haben wir auch den Lichthof des LWL-Museums und die Installation von Michael Dean. Um den Hof zu betreten, hätten wir aber Taschen und Jacken abgeben müssen – wir waren nass und zu dem Zeitpunkt dann auch ein wenig hungrig und das war uns dann doch zu umständlich, sodass wir auf diese Skulptur verzichteten.
Stattdessen liefen wir ein paar Meter die Aegidiistraße runter zu der Skulptur von Peles Empire. Hier konnte ich zumindest ansatzweise irgendetwas erkennen: Der Giebel erinnert ein wenig an den Prinzipalmarkt (und soll das auch tun) und unserem (mittlerweile auch schon ziemlich durchnässten) Plan konnte ich entnehmen, dass nicht nur der Name des Künstlerinnenduos, sondern auch die Skulptur selbst an ein rumänisches Königsschloss angelehnt sind (das uns natürlich unbekannt war). Die Skulptur kann man auch betreten – wasserfest bzw. regendicht war sie leider nicht.
Wir hatten dann erst einmal genug und gingen für ein spätes Mittagessen in’s Vapiano. Anschließend drehten meine Mutter und ich noch eine schnelle Runde mit dem Fahrrad über die Promenade – das muss man ja schließlich mal getan haben, wenn man sonst immer nur zu Fuß in Münster unterwegs war, jetzt aber ein Fahrrad dabei hat. Dabei hielten wir natürlich auch an dem Brunnen Sketch for a Fountain von Nicole Eisenman – an dem Momentary Monument von Lara Favaretto und Nietzsche’s Rock von Justin Matherly fuhren wir dann nur noch vorbei, weil wir mittlerweile trotz Regenjacke und -hose bzw. -poncho ziemlich durchgeweicht waren.
Interessiert hätten mich tatsächlich das Projekt von Jeremy Deller in den Schrebergärten und das fourth house aus dem house project von Hreinn Friðfinnsson – aber leider war das Wetter an diesem Tag tatsächlich so scheußlich, dass wir uns auf die Innenstadt beschränkten und das Draußen sein und Radfahren selbst uns, die wir eigentlich nicht besonders empfindlich sind, wirklich nur wenig Spaß machten. Diesbezüglich haben wir wohl einfach einen blöden Tag erwischt.
Schade fand ich persönlich, dass man nur wenig zu den Skulpturen erfahren konnte: Der Plan, den ich besorgt hatte, lieferte nur rudimentäre Informationen zu den Skulpturen und an den Skulpturen selbst waren auf den Schildern auch nur Titel und Künstler aufgeführt. Müssen/Sollen die Projekte so, von sich aus, wirken? Bei mir hat das nicht wirklich funktioniert. Obwohl ich gerne zugebe, dass diese Form von Kunst auch nicht unbedingt meine ist. Ich bin viel eher für Musik, für Theater zu haben als für bildende Kunst und mag es, wenn ich Dinge verstehe, wenn sie „zu mir sprechen“. Ich mag zum Beispiel auch Bilder lieber, die ich „verstehen“ kann, weil ich erkennen kann, was darauf abgebildet ist. Schade auch, dass die Skulpturen oft ein bisschen versteckt lagen, man erst einmal daran vorbeiläuft oder sie regelrecht suchen muss. Oder soll das so? Auf jeden Fall läuft man anders durch die Stadt, mit einem anderen Blick, eben immer auf der Suche nach der nächsten Skulptur, und entdeckt dabei dann gleichzeitig auch viel anderes, das man vorher noch nicht gesehen hat. Das hat natürlich auch was Schönes.
Das Fazit? Zumindest können wir jetzt sagen, wir waren bei den Skulpturprojekten. Natürlich hätte man das ganz anders angehen können, hätte besser planen können, mehr sehen, dem Regen trotzen können. Aber Kunst soll ja auch keine Pflicht sein. Wir haben jedenfalls trotz Regen einen schönen Tag in Münster gehabt, einige Skulpturen gesehen, lecker gegessen und Spaß gehabt. Das ist letztlich doch, was zählt.