Ewigkeitssonntag. Totensonntag. Der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Während überall schon Weihnachtsstimmung ausbricht, die Regale mit den Lebkuchen und anderen weihnachtlichen Leckereien schon halbwegs leer gekauft sind, Ankündigungen zu Adventsfeiern eintrudeln und die Weihnachtsmärkte bereits geöffnet sind, schiebe ich all das noch von mir. Wie jedes Jahr. Wie ich es von meiner Familie übernommen habe, beginnt für mich die Advents- und Weihnachtszeit erst nach dem heutigen Sonntag.
Advent ist im Dezember, darüber habe ich vor einigen Jahren hier schon mal geschrieben. Advent bedeutet Ankunft: Die Adventszeit ist die Vorbereitung auf Weihnachten, das Warten auf die Ankunft von Jesus Christus. Mit Advent und Weihnachten beginnt etwas Neues, ein neues Kirchenjahr, eine neue Zeit. „Und für etwas Neues braucht es eben immer auch etwas Altes. Für einen neuen Anfang einen Abschied.“
Für den Abschied steht der Totensonntag. Bevor es fröhlich in die Weihnachtszeit hinein geht, werfen wir einen Blick zurück auf das vergangene Kirchenjahr und auf die Menschen, die in dieser Zeit verstorben sind. „Der Tod ist ein Teil des Lebens, er gehört zum Leben dazu, ist von Geburt an sozusagen „vorprogrammiert“. Und gleichzeitig ist der Tod kein Ende, sondern nur das Ende des irdischen Lebens.“ Deswegen Ewigkeitssonntag – eigentlich der viel schönere Name für diesen Tag und eine viel schönere Perspektive auf diesen Tag, auf unser aller Leben und auf den Tod.
Auch als kirchlich sozialisierter Mensch gehe ich beileibe nicht jeden Sonntag in den Gottesdienst. Meistens gibt es einen konkreten Grund für meine Gottesdienstbesuche: Weil ich singe oder jemand anderes Musik macht, dem ich zuhören möchte, weil jemand besonders gefeiert wird oder der Gottesdienst einen besonderen Anlass hat (Jubiläen, Einführungen, Abschiede, etc.) oder neuerdings auch dienstlich. Und daneben, neben den „normalen Sonntagen“, gibt es einige Fixpunkte im (Kirchen-)Jahr, einige Tage, an denen der Gottesdienst für mich dazu gehört. Neben Heilig Abend und Ostersonntag gehören dazu für mich ein Adventssonntag, Karfreitag, oft Pfingsten, Erntedank und eben der Ewigkeitssonntag.
In diesem Jahr war bzw. ist mir der Ewigkeitssonntag noch einmal besonders wichtig. Denn auch, wenn ich keinen speziellen Anlass oder diesen Tag brauche, um mich an meinen Großvater zu erinnern, saß ich heute doch mit einer anderen Haltung und sehr viel emotionaler in diesem Gottesdienst als im letzten Jahr. Mit der Erfahrung des Todes in der eigenen Familie noch so frisch (fast genau fünf Monate ist es her) war die Liturgie des heutigen Tages, ebenso wie die Requiem-Konzerte in den letzten Wochen, ob selbst gesungen oder als Zuhörer, deutlich eindrücklicher und viel näher.
„Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offb 21,4) Ich würde mich nicht als besonders bibelfest bezeichnen, und doch ist mir dieser Vers im Sommer spontan in den Kopf gekommen, in den Tagen zwischen Trauerfeier und Beisetzung. Und wenn man auch meint, dass einem das nun gerade mal gar nix nützt, „der Tod wird nicht mehr sein„, denn gerade ist ja nun einmal jemand gestorben, hat mich dieser Vers irgendwie nicht mehr losgelassen, hat mich gewissermaßen begleitet, von Juni bis zum heutigen Ewigkeitssonntag, an dem genau diese Bibelstelle im Gottesdienst gelesen wurde. So wie mich in dieser ganzen Zeit irgendwie der Glaube begleitet hat, Fragen nach dem Tod, der Ewigkeit und was das alles für mich bedeutet.
Das war für mich tatsächlich neu und besonders und einprägsam in diesem Jahr. Mein eigener Umgang mit Tod und Trauer war ein anderer als bei früheren Todesfällen in der Familie. Aber jedes Mal sind ja auch die Umstände andere und vor allem bin ich anders. Nicht zuletzt jetzt deutlich älter – manche Fragen stellt man sich mit 13 eben einfach noch nicht.
Totensonntag. Ewigkeitssonntag. „Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird.“ (Jes 65,17) Der Tod bedeutet nicht das Ende. Leben und Sterben, Anfang und Ende, Geburt und Tod – beides ist wichtig. Beides gehört zusammen. In allem sind wir bei Gott. Diese Erfahrung nehme ich mit aus diesem Jahr, aus der Trauer, und heute noch einmal ganz besonders eindrücklich aus dem Gottesdienst zum Ewigkeitssonntag.
Ein Licht für dich.
Ein schöner Text…
Ich bin ein großer Weihnachts-Fan, aber für mich fängt das auch erst nach Totensonntag an.
Einen schönen Advent wünsche ich dir!
Liebe Grüße
Heidi