Twittermüde.

Ich bin müde. Twitter-müde. Ich schätze Twitter eigentlich sehr, als ein schnelles Nachrichten-Medium, als ein Ort, wo ich schnell Informationen zu Themen finden kann und Menschen, die sich damit beschäftigen (und oft auskennen, nicht immer), wo man auch zu absoluten Nischen-Themen noch jemanden finden und sich austauschen kann. Aber Twitter geht mir seit einiger Zeit und zunehmend auf die Nerven.

Jeder meint, zu jedem Thema etwas sagen zu müssen. Zu jedem Trend, zu jeder Nachricht gibt es unzählige Perspektiven, unzählige Argumente, jeder hat (irgend-)eine Meinung dazu und muss diese kund tun. Und so lese ich dieselben Argumente gefühlt hundert Mal, auf die immer dieselben Menschen wieder mit ihren Gegenargumenten antworten und jeder fühlt sich dabei ungeheuer wichtig und richtig und besser als das/die Gegenüber. Meine Meinung und Haltung zu diesem Thema ist die richtige. 

Ja, das ist die Funktionsweise von sozialen Medien. Nein, das hat Twitter nicht exklusiv. Aber es war mal anders. Früher. Besser. Als Twitter nämlich nur Tweets und Re-Tweets von Personen anzeigte, denen ich folge. Kein Tweet von mir völlig fremden Nutzern, nur weil jemand, dem ich folge, ihn geliked hat oder dem Urheber folgt. Keine Antworten von Nutzern, denen ich folge, auf Tweets von Menschen, denen ich nicht folge. (Und natürlich: Alles schön geordnet in chronologischer Reihenfolge.) Auch da gab es Dopplungen, auch da gab es Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten. Aber nicht in dieser geballten Häufigkeit.

Es macht mich müde. Gerade natürlich zu Zeiten nationaler und internationaler Aufregerthemen. Ich stecke durch meine Auswahl an Accounts, denen ich folge, in vielen Themen und „Blasen“ drin. Corona. Fußball (und Corona). (Digitale) Kirche (und Corona). Ich kriege viel mit von dem, was in Großbritannien gerade trendet und aktuell ist. Viel aus der Theater-Szene im West End.

Sicherlich haben alle Diskussionen ihre Berechtigung, ob Geisterspiele oder das Casting von Transpersonen im West End. Und häufig genug eröffnet Twitter mir auch neue Sichtweisen auf Themen oder stoße ich auf neue und interessante Accounts, die wirklich etwas zu sagen haben. Aber meine Timeline ist so repetitiv. Und ich muss und will nicht alle Diskussionen lesen, in denen sich von mir gefolgte Accounts einklinken. Ich will nicht mehr lesen (müssen), was Katie Hopkins über Meghan Markle zu sagen hat, weil niemand lesen (müssen) sollte, was Katie Hopkins zu sagen hat. Mich interessiert nicht (mehr) der zwanzigste Re-Tweet eines Videos, weil der zwanzigste Mensch meinte, noch seinen eigenen Senf dazugeben zu müssen. Der ein oder andere nimmt sich für mein Empfinden ein wenig zu wichtig, was mich wiederum dazu verleitet, immer seltener eigene Tweets zu schreiben oder in Diskussionen einzusteigen.

Twitter ist für mein Empfinden belanglos(er) geworden. Und ich wünsche mir mehr Möglichkeiten zu steuern, was mir angezeigt wird. Denn aktuell verliere ich die Lust an diesem eigentlich sehr spannenden Medium.