Versailles muss man mal gesehen haben. Versailles liegt etwas außerhalb von Paris. Für Versailles sollte man einen ganzen Tag Zeit einplanen. Wir haben all das genommen, zusammen gemixt und geplant, möglichst einigermaßen zeitig am Sonntag vom Campingplatz wegzukommen, nach Versailles zu fahren, den Tag (annähernd) dort zu verbringen, und dann von dort aus den Rückweg nach Hause anzutreten.
Es war etwas bewölkt am Sonntagmorgen, aber dennoch warm und ziemlich schwül. Nicht das schönste und angenehmste Wetter, aber sonnenverwöhnt, wie wir von den letzten Tagen waren, durften wir uns da nun wirklich nicht beklagen. Nach dem Frühstück und der Abmeldung auf dem Campingplatz fuhren wir eine knappe halbe Stunde, fanden problemlos einen Parkplatz und – durften uns dann trotz Tickets erst einmal in eine lange, lange Schlange stellen. Was wir an allen anderen Sehenswürdigkeiten in Paris abgelehnt hatten, mussten wir jetzt tun, denn die Tickets hatten wir schließlich schon (EU-Bürger unter 26 Jahren haben freien Eintritt in Schloss und Garten, müssen aber für die Grandes Eaux Musicales bezahlen) und sehen wollten wir es ja nun wirklich.
Eine knappe Stunde standen wir in der s-förmigen Schlange auf dem ersten Hof, dem Cour d’honneur, während derer auch noch ein kurzer, aber durchaus heftiger Regenschauer auf uns herunter ging. Praktischerweise hatten wir einen Regenschirm, den mein Bruder kurz zuvor noch aus dem Auto geholt hatte in der Annahme, wir könnten ihn vielleicht als Sonnenschutz gebrauchen. Nun ja…
Mit Plänen und Audioguides bewaffnet ging es zunächst einmal in das Schloss.
Versailles war zunächst nicht viel mehr als eine bessere Jagdhütte für König Louis XIII (das ist der König aus den Musketier-Geschichten). Sein Sohn, König Louis XIV – besser bekannt als der Sonnenkönig – ließ das Schloss ausbauen und erweitern und bestimmte 1677 Versailles zum Regierungssitz. Das blieb es auch, bis im Zuge der Französischen Revolution 1789 König Louis XVI und Marie-Antoinette samt Familie gezwungen wurden, das Schloss zu verlassen und nach Paris zurückzukehren. Das Schloss stand anschließend lange überwiegend leer, bis unter Louis-Philippe I im 19. Jahrhundert und seinen Nachfolgern Restaurationsarbeiten durchgeführt und das Schloss teilweise in ein Museum verwandelt wurde. Bedeutung behielt es weiterhin, nicht zuletzt auch in der gemeinsamen Geschichte Deutschlands und Frankreichs: Der Waffenstillstand nach dem ersten Weltkrieg beispielsweise heißt nicht umsonst Vertrag von Versailles.
Doch diesen Teil seiner Geschichte nimmt man weniger wahr, wenn man das Schloss besichtigt. Stattdessen wird einem sehr deutlich klar, warum Louis XIV Sonnenkönig genannt wird oder auch, warum dem Volk spätestens Ende des 18. Jahrhunderts Prunk und Verschwendung des Königs zu viel wurde.
Man kann sich stundenlang ergehen in diesem Schloss und es gibt vieles zu sehen und zu entdecken. Leider standen uns dabei oft diese Touristen im Weg, die meinten, jedes einzelne Porträt und Gemälde (und die Wände in jedem einzelnen Raum sind quasi mit Bildern gepflastert) abfotografieren zu müssen. Natürlich haben auch wir einige Fotos gemacht, aber bei manchen Menschen nimmt das wirklich sehr merkwürdige Züge an.
Besonders imposant ist natürlich die Galerie des Glaces, der Spiegelsaal.
Besonders hübsch fand ich die Appartements de Mesdames, etwas weniger prunkvoll, etwas dezenter (wobei das alles relativ zu verstehen ist), mit hübschen Tapeten und Musikinstrumenten.
Wir hätten uns sicher länger im Schloss aufhalten können, aber wir hatten natürlich noch die Rückfahrt vor uns, wollten noch die Gärten sehen und außerdem schob man sich innerhalb einer großen Menschenmenge durch die einzelnen Räume, was nicht immer so ganz angenehm ist. Ich empfehle daher unbedingt, Versailles anzuschauen – aber nicht am Wochenende.
Überhaupt hätte es so viel mehr anzugucken gegeben. Die Gärten, die schon so unglaublich weitläufig sind, dass wir nicht einmal annähernd hoffen konnten, alles zu sehen, umgibt ein noch weitläufigerer Park. Und dann gibt es da noch die Domaine de Trianon, bestehend aus dem Grand Trianon, dem Petit Trianon und dem Hameau de la Reine: Sogenannte Lustschlösser, erbaut bereits in der Zeit von Louis XIV, in denen der König sich, eine halbe Stunde Fußweg vom Hauptschloss entfernt, abseit seiner Gemahlin die Zeit mit seinen Mätressen vertreiben konnte. Das Petit Trianon schenkte Louis XVI später Marie-Antoinette. Aufgrund der Entfernung haben wir diese Gebäude alle nicht mehr besucht und uns auf den Garten, die kleinen Wälder, Brunnen und Wasserbecken in der Nähe des Hauptschlosses beschränkt.
Zunächst waren alle Brunnen noch „still“. Die Grandes Eaux Musicales finden in der Sommersaison am Nachmittag statt: Dann laufen alle Springbrunnen und Wasserspiele und dazu läuft Musik. Einige Brunnen laufen aber den ganzen Tag über bzw. in regelmäßigen Abständen und so machten wir uns auf den Weg, vorbei an den Bains d’Apollon zum Bosquet du Théâtre d’Eau, in dem alle 15 Minuten Wasser sprüht.
Dort fanden wir auch eine Bank im Schatten, auf der wir unsere Baguettes verspeisen konnten. Es war wieder ziemlich heiß und – dank der vielen Wasserbecken und Springbrunnen – auch sehr schwül. Kostenlose Sauna im Eintritt mit inbegriffen.
Wir spazierten noch ein wenig über die verschiedenen Wege und um halb vier gingen dann die übrigen Becken und Springbrunnen und die Musik an.
Wir waren – vom vielen Umherwandern am dritten Tag in Folge und vom Wetter – mittlerweile einigermaßen geschafft und hatten ja außerdem auch noch die Rückfahrt vor uns. Also verließen wir die Gärten und damit das Schloss gegen 16 Uhr, in dem Wissen, unglaublich viel nicht gesehen zu haben, und dennoch voll mit vielen Eindrücken.
Die Rückfahrt war zäh und die Kilometer schienen irgendwie gar nicht weniger werden zu wollen. Um halb zwölf nachts waren wir dann wieder zu Hause – kaputt und müde, aber mit vielen Erfahrungen und Eindrücken im Gepäck und nach einem heißen und trotzdem wunderbaren Familien-Wochenende in Paris. Der nächste Besuch findet aber definitiv unter der Woche statt – in der Hoffnung auf kürzere Schlangen und Wartezeiten vor Museen und anderen Sehenswürdigkeiten.