Wie gefühlt die Hälfte der deutschen Bevölkerung (mir ist klar, dass es vermutlich ein verschwindend geringer Bruchteil der Arbeitnehmer ist, der überhaupt die Möglichkeit zum Home Office hat) arbeite ich seit mittlerweile zwei Wochen von zuhause aus. Was sich für mich früher schon irgendwie verlockend anhörte, hat definitiv Vorteile, genauso aber auch Nachteile.
Mir ist auch bewusst, dass ich selbst unter den Home Office-Arbeitenden noch gut dran bin. Denn ich muss nicht neben der Arbeit gleichzeitig noch Kinder betreuen (oder gar unterrichten), Eltern pflegen, ich muss nicht einmal mit einem Hund spazieren gehen. Und trotz wirklich kurzem Arbeitsweg und einem Arbeitsplatz, bei dem auch in Zeiten von Anwesenheit im Büro Arbeitsbeginn und -ende eher locker gesehen werden, bringt Home Office vor allem Entspannung in den Tag. Ich kann schon vor dem Frühstück, wenn ich will sogar vor der Morgentoilette, die ersten Mails lesen und beantworten oder einen Blick auf Instagram werfen – allerdings kann ich auch sonst immer. Aber der (selbstgemachte) Druck, trotz allem einigermaßen früh bei der Arbeit zu erscheinen, der ist jetzt nunmal weg.
Allerdings haben sich für mich nicht nur die äußeren Umstände meiner Arbeit verändert, sondern auch sozusagen der Inhalt meiner Arbeit. Vieles, fast alles von dem, was normalerweise einen Gutteil meines Arbeitsalltags bestimmt, ist weggefallen. Es gibt keine physischen Veranstaltungen, über die berichtet werden kann, keine Gottesdienste, die eingetragen werden müssen, es gibt bei mir sogar weniger Mails und kaum Anrufe und wenig ist planbar. Ob ich Inhalte habe, mit denen ich den Instagram-Account bestücken kann, weiß ich meistens erst dann, wenn sie im Posteingang eintrudeln. Daher fühle ich mich oft weniger wie „bei der Arbeit“ und mehr wie „auf Abruf“.
Ich bin schon in „normalen“ Zeiten jemand, der Strukturen mag/braucht und schnell Routinen entwickelt. Um den Tag, der so ganz ohne geregelte Arbeit/Arbeitszeiten und mit wenig Kontakt zu anderen Menschen doch lang und auch ein wenig einsam werden kann, zu strukturieren, haben sich für mich (wenig überraschend) Mahlzeiten bzw. Getränke als geeignet erwiesen: Als erstes am Morgen der Becher (oder zwei) heißes Wasser, dabei ggf. schon ein wenig Arbeit oder auch Hausarbeit. Zum Frühstück, meistens so gegen 10 Uhr, ein Becher Tee, gefolgt von einem Kaffee und die Zeit bis zum Mittag verbringe ich mit einer Kanne Kräutertee. Zum Mittagessen Wasser, am Nachmittag noch mehr Kaffee, oft mit etwas Süßem (Fastenzeit hat sich nicht mehr so richtig durchsetzen können), und abends auf dem Sofa oft nochmal eine Kanne Tee. Das warme Essen gibt es seit Home Office-Beginn wieder mittags, was oft aber auch erst gegen 15 Uhr der Fall ist, und entsprechend spät dann ein kaltes Abendessen. (Denk-)Pausen lassen sich gut am Klavier verbringen (bisher haben sich die Nachbarn auch noch nicht beschwert). Und einmal am Tag (mindestens) geht es raus.
Ich muss ehrlich sagen: Für immer brauche ich das nicht. Auf jeden Fall nicht ausschließlich und nicht in der Kombination mit „nichts findet statt“. Unter normalen Gegebenheiten würde mich aber, wie gesagt, meine Arbeit alleine schon raus und unter Menschen führen, dazu dann noch Freizeitaktivitäten und meine Wochen sähen schon wieder ganz anders aus.
Aktuell ist das eben eine besondere Situation. Von der ich mich nicht besonders belastet fühle außer der Tatsache, dass man nicht sagen kann, wann sie wieder enden wird. Das ist für mich, die ich doch so gerne (lange) im Voraus plane, im Moment das vielleicht schwierigste. Aber auch damit bin ich vermutlich nicht alleine.