Somme, Sonne, Urlaubszeit. Vor drei Jahren habe ich ein Auto gekauft (wegen des neuen Jobs) und dann auch ein Zelt (denn nun hatte ich ja ein Auto, mit dem ich damit in den Urlaub fahren könnte). Seitdem hat es aus verschiedensten Gründen immer nur für Kurzurlaube gereicht, doch für dieses Jahr war der Haupturlaub fest für’s Camping eingeplant. Und es hat geklappt!
Da ich allein unterwegs war und annahm, dass mir zwei Wochen am selben Fleck vielleicht doch etwas eintönig würden, und da ich ein kleines Zelt habe, das einigermaßen schnell auf- und abbaubar ist, hatte ich drei Stationen für den Urlaub geplant. (Mehr zum Zelt und der sonstigen Camping-Ausrüstung schreibe ich nochmal in einem separaten Beitrag.) Insgesamt war ich 12 Nächte unterwegs.
Station 1: Valkenburg (Maastricht)
Nachdem mein Vater im letzten Jahr dienstlich in Maastricht gewesen und von der Stadt sehr begeistert war, stand sie auf meiner Liste. Und jetzt bot es sich an, dort die erste Station zu machen, denn ich wollte in diesem Jahr unbedingt mal wieder nach Frankreich, würde aber im nördlichen Teil bleiben, sodass die erste Etappe auch ruhig kürzer sein durfte.
Tatsächlich war das eine sehr angenehme Anreise – mit genügend Zeit, morgens noch in Ruhe zu frühstücken und die letzten Sachen zusammenzusuchen und Abfahrt um 12 Uhr. Vor 14 Uhr kommt man auf die meisten Campingplätze sowieso nicht drauf. Ich hatte für drei Nächte einen Stellplatz auf dem CityKamp Valkenburg-Maastricht gebucht, der tatsächlich auch der teuerste der drei Campingplätze war, auf denen ich in diesem Urlaub war.
Aber er bot die perfekte Ausgangslage, um Maastricht zu erkunden: 15 Minuten Autofahrt und schon war diese tolle Stadt erreicht. Parken war dort unkompliziert, wenn auch wie immer in den Niederlanden teuer. Der erste Weg in einer fremden Stadt führt mich meistens zur Touristen-Info. In Maastricht habe ich dort nicht nur einem Stadtplan gefunden, sondern auch gleich einen ausgearbeiteten Rundgang: 3,5 km, die an den schönsten und wichtigsten Orten der Stadt vorbeiführten, den Kirchen, dem Vrijthof, an der Maas, aber auch entlang der alten Stadtmauer und -toren und an kleinen hübschen Gässchen vorbei. Fand ich sehr praktisch – und das schöne Wetter gab’s gratis dazu.
An Tag zwei habe ich dann Valkenburg erkundet. An Schlösser, Burgen und Kirchen kann ich einfach nicht vorbei gehen. Auch, wenn sie vielleicht nur noch als Ruinen erhalten sind, wie das Schloss Valkenburg, das immerhin mal die einzige Höhenburg in den ansonsten ja eher flachen Niederlanden war. Die Stadt hat mich ansonsten eher wenig beeindruckt, aber leckeren Limburgse Vlaai habe ich dort immerhin genossen.
Die Abreise am Samstag war dann leider sehr… nass. Angekündigt waren Schauer, de facto hat es leider die halbe Nacht und mehr oder weniger den gesamten Morgen durchgeregnet, sodass ich schließlich ein ziemlich nasses Zelt im Auto hatte. Bequem ist es ja, alle Plätze vorab zu buchen und dann die Gewissheit zu haben, überall auch wirklich unterzukommen. Aber in dieser Situation wäre es auch praktisch gewesen, einfach noch eine Nacht bleiben zu können.
Station 2: Buzancy
Auch auf der Fahrt durch Belgien und Frankreich regnete es immer wieder in Strömen, tatsächlich bis kurz vor dem Ziel und ich sah mich schon im Regen wieder aufbauen. Doch als ich die letzten Hügel nach Buzancy herunterrollte, klarte es auf und plötzlich war wieder herrlichstes Sommerwetter.
Für sechs Nächte war ich auf dem Flower Camping La Samaritaine. Das war der günstigste, aber schönste der drei Plätze. Relativ überschaubar, viel niederländische Kundschaft (aber auch ein halb niederländisches Besitzerpaar), aber sehr nett, sehr gepflegt, sehr sauber. Keine großen Animations- oder sonstigen Spielereien, auch kein Pool, dafür ein Badesee und ein schöner Spielplatz, der auch immer gut voll war. Eher ein Platz für Familien mit kleineren Kindern oder ältere Paare. Oder eben mich.
Was ich bei der Planung nicht berücksichtigt hatte: Der Platz bzw. das Dorf Buzancy war schön, aber mitten im Nirgendwo – und nicht besonders gut angeschlossen. Schon auf dem Weg dorthin war ich leicht genervt, weil ich etwa die Hälfte der Strecke über routes départementales gejuckelt bin, und als ich dann von dort aus Ausflüge machen wollte, stellte ich fest, dass es weit und breit keine Nationalstraßen, geschweige denn Autobahnen gab. Nachdem mir ein Tag wegen „Auto startet nicht, weil Batterie leer“ auch noch durch die Lappen gegangen ist, habe ich die Ausflüge dann sehr genau ausgewählt bzw. etwas beschränkt.
Unbedingt sein musste der Weg nach Reims – unter anderem deswegen war ich überhaupt in diese Region gefahren. Für die 80 km einfache Richtung habe ich etwa 1,5 Stunden gebraucht, aber die Kathedrale in Reims war es absolut wert. Wie ihre Namensvetterin in Paris hat auch Notre Dame de Reims schon (mehrfach) gebrannt, nur ist das schon mehrere Jahrzehnte und Jahrhunderte her. Anders als in Paris muss man hier jedoch nicht in der Schlange auf den Eintritt warten. Und: Man könnte sagen, die Kathedrale in Reims ist die historisch bedeutendere, schließlich wurden zwischen dem 13. und dem 19. Jahrhundert 25 französische Könige hier gekrönt – die einzigen Krönungen in Paris waren die des englischen Henry VI im Hundertjährigen Krieg, als Reims für die Engländer nicht erreichbar war, und die „Selbst-Krönung“ von Napoleon. Wie dem auch sei: Der Rest der Stadt hat mich aus unerklärlichen Gründen nicht besonders beeindruckt, aber die Kathedrale allein war den relativ weiten Ausflug mehr als wert. (Ich wiederhole mich: Ich kann an Kirchen, Burgen und Schlössern nicht vorbeigehen – und französische gotische Kathedralen sind so ziemlich die besten Kirchen, die es gibt.)
Verdun habe ich leider nicht mehr geschafft, obwohl mich das auch sehr interessiert hätte. Erinnerungen an La Grande Guerre (und auch den 2. Weltkrieg) finden sich in dieser Gegend allerdings an jeder Straßenecke: Überall Soldatenfriedhöfe, Denkmäler und Erinnerungsstätten. Nach Sedan bin ich allerdings noch gefahren, auch das stand schon bei der Urlaubsplanung auf der Liste: Die größte mittelalterliche Festung Europas, quasi uneinnehmbar und immer wieder Schauplatz deutsch-französischer Geschichte. 1870 verbrachte Napoleon nach der Kapitulation seine letzte Nacht in Freiheit in Sedan, im ersten Weltkrieg war die Burg Zwangsarbeiterlager für gefangene französische und belgische Widerstandskämpfer und im zweiten Weltkrieg fand hier der entscheidende Durchbruch der deutschen Armee zur Zerschlagung Frankreichs statt. Davon erfährt man auf dem Rundgang und in der Ausstellung ebenso wie von der etwas friedlicheren Zeit zuvor, von Bau und ständiger Weiterentwicklung und Befestigung der Burg und dem Leben ihrer Bewohner.
Ansonsten habe ich viel Zeit mit Lesen verbracht. Nichts entschleunigt mich so sehr wie mit Kaffee und Pain au chocolat (oder anderen sau-leckeren französischen Teilchen) vor dem Zelt zu sitzen und in einem guten Buch zu versinken. Den zwölften Band von Inspektor Dupin hatte ich noch auf dem niederländischen Platz beendet, durch Frankreich hat mich dann „A Little Life“ von Hanya Yanagihara begleitet. Dazu schreibe ich im Monatsrückblick nochmal mehr.
Station 3: Celles sur Plaine
Nochmal gut 260 Kilometer weiter östlich, habe ich zum dritten Mal mein Zelt am Rande der Vogesen aufgeschlagen. Um ehrlich zu sein: Ich hätte von Buzancy aus auch schon wieder nach Hause fahren können. Ich fühlte mich erholt und, völlig unerwartet und ungewohnt, wäre es okay gewesen, wenn das Campen schon wieder vorbei gewesen wäre. Im Nachhinein glaube ich, das war zum einen die Sorge, der letzte Campingplatz könnte nicht so toll sein wie die vorherigen (was sich leider bewahrheitete), und zum anderen hatte ich keine Lust mehr auf’s Autofahren. Ich! – die eigentlich wirklich gern Auto fährt. Aber die Abgeschiedenheit in Buzancy und die Fahrerei über jedes einzelne Dorf auf den Departement-Straßen hatte mich echt genervt. Auch das kenne ich von mir eigentlich nicht.
Aber es war ja alles gebucht (und bezahlt), also auf nach Celles sur Plaine, auf den Camping des Lacs. Leider fand ich es dort tatsächlich nicht so schön: Die Atmosphäre war irgendwie schräg, abends war es recht laut und, obwohl ich da nicht pingelig oder anspruchsvoll bin, die Sanitäreinheiten fand ich eng, zu wenige und nicht immer so ganz sauber. Vielleicht war es aber auch vor allem der Vergleich zum vorherigen Platz, der den Eindruck hier trübte.
DIe Landschaft jedenfalls war ein Traum. „Leider“ war es in den drei Tagen dort mit über 30 Grad eigentlich zu heiß, um viel zu unternehmen – und wegen meiner plötzlichen, seltsamen Autofahr-Unlust habe ich auch auf den Ausflug nach Straßburg verzichtet. So war ich nur in Saint Dié des Vosges und ansonsten ein wenig im Wald, wobei ich mich auf kurze Strecken/Wanderungen beschränkt habe, denn clevererweise hatte ich die Wanderschuhe zuhause gelassen.
Den Platz würde ich nicht unbedingt empfehlen, aber die Gegend dort ist toll und vielleicht auch eine Rückkehr wert. Sie wird übrigens auch „Klein-Kanada“ genannt und beim Blick von der Burgruine Pierre-Percée auf den gleichnamigen See kann ich mir schon vorstellen, was der Grund dafür sein könnte.
Auf der Heimfahrt habe ich dann übrigens noch ein potentielles neues Reiseziel entdeckt: Nur von der Autobahn aus sah Metz schon so schön aus, dass ich dort unbedingt auch einmal hin muss. Vielleicht ja auf dem Weg in einen weiteren Camping-Urlaub in Frankreich? Ganz sicher war das nicht mein letzter. Campen an sich ist für mich nicht neu, ich habe im Sommer noch nie anders Urlaub gemacht als im Zelt. Mit der Familie und den Eltern dabei ist aber doch manches anders, nicht zuletzt waren unsere Zelte früher immer deutlich größer. Allein bin ich etwas spartanischer unterwegs (wenn ich allerdings französische Familien sehe, wo jedes Familienmitglied allein in einem kleinen Wurfzelt schläft, mit vielleicht noch einem Pavillon dabei, unter dem man gemeinsam sitzt, hab ich doch schon wieder ein Luxuszelt), aber alles notwendige hatte ich dabei, ich habe mich gut organisiert und bin fast ein wenig erstaunt, wie reibungslos und unkompliziert alles geklappt hat.
„Hattest du keine Angst, so alleine?“, bin ich mehrfach gefragt worden, seit ich zurück bin. Nein, hatte ich tatsächlich nicht. Das mag daran liegen, dass ich kein ängstlicher Mensch bin, jedenfalls nicht in dem Sinn, der dabei wohl meistens gemeint ist. Oder vielleicht bin ich auch naiv: Ich habe auch keine Angst, wenn ich abends oder im Dunklen allein unterwegs bin und beherzige keinen dieser Tipps, die Frauen da immer gegeben werden. Nun war ich aber natürlich auch nicht wild campen, sondern auf Campingplätzen, auf denen die meiste Zeit eine Rezeption besetzt ist, an der man Hilfe bekommen könnte, und auf denen auch die meisten anderen Camper freundliche und hilfsbereite Menschen sind. Die einzige Sorge, die ich hatte, war krank zu werden. Das werde ich sowieso äußerst selten, stelle ich mir aber allein im Urlaub wirklich richtig doof vor – allerdings gilt das wohl auch für jede Form des Urlaubs.
Das war eine sehr gelungene Premiere – eines längeren Zelturlaubs allein – und ich weiß noch nicht, wo der nächste Urlaub hinführt, aber ich weiß, dass es einen geben wird.